Rapunzels Adventskalender 2018

18. Dezember 2018

Von Zucht und Unzucht…

Heute werde ich mal ein bisschen theoretisch, weil gerade zum Thema Zucht auch immer vermehrt Fragen von Welpeninteressenten auftreten, die darauf hinweisen, dass hier auch viel Unfug verbreitet wird.
Bei dem Begriff Zucht von uns Hunden hat der Mensch meist die Vorstellung, er geht zum Züchter und erhält hier einen perfekten Welpen von gesunden Elterntieren. So weit, so gut.
Exakt spricht man von einer Zucht bei einer kontrollierte Verpaarung von zwei Hunden mit dem Ziel, Nachkommen mit ganz bestimmten Eigenschaften zu erhalten Zur Erreichung dieser Ziele bedarf es vor allem einer Zuchtwertschätzung der für die Zucht geplanten Tiere und das Arbeiten mit den Kenntnissen der Mendelschen Vererbungslehre.

Immer wieder schwirrt noch der Gedanke durch die Köpfe vieler Hundebesitzer…Ich habe eine wundervolle Hündin, die unbedingt mal Nachkommen kriegen muss, damit es ebensolche wundervollen Welpen gibt. Auch wenn genau das vielleicht einfach umsetzbar ist, denn genau genommen brauche ich hierfür nur zwei paarungswillige Hunde, diese Theorie geht ganz so einfach am Ende nicht wirklich auf.

Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts haben sich aus diesem Grunde Clubs gebildet, die sich detaillierter mit der Hundezucht beschäftigten. Hier ist auch der Ursprung der Rassehundezucht zu finden, wo es zu Beginn vor allem um die entsprechenden Gebrauchseigenschaften der Hunde wie z.B. als Jagd-, Hirten- oder Wachhund ging.

Die Ziele der heutigen Rassehundezucht sehen ganz anders aus, denn wir Hunde haben mittlerweile einen anderen Status bei euch Menschen eingenommen und sind nur noch differenziert als wirkliche Arbeitshunde und das auch mit einen ganz anderen Niveau anzutreffen. Gezüchtet wird in letzter Zeit immer mehr im Hinblick auf dem Phänotyp der Hunde. Genotyp und somit auch die Gesundheit rücken dabei leider oft in den Hintergrund oder sind u.a. durch viel zu hohe Inzuchtkoeffizienten bestimmter Rassen einfach gar nicht mehr zu beinflussen.

Genau das ist der Zeitpunkt für eine unbedingt nötige Wende in der bisherigen Zucht. Dem wird mittlerweile mit dem stetigen Wachsen der Popularität von sogenannten Designerhunden Rechnung getragen. Vom Grunde her handelt es sich dabei schlicht und einfach um Mischlinge, denn es werden hier zwei verschieden Rassen zusammengeführt. Diese Elterntiere kommen im Unterschied zu den sonstigen Mischlingen jedoch aus Linienzuchten und gewährleisten somit einen vorherigen Einblick in das vorhandene Genpotential. Diese sogenannten Hybridhunde weisen in der ersten Generation durch den Heterosis-Effekt (Mischerbigkeit) eine sichtliche Verbesserung der Vitalität auf.
Diese Zuchtmethode ist im Übrigen nicht neu. Sie wurden zu allen Zeiten immer wieder durchgeführt, ist nur leider in den Köpfen vieler Menschen oft negativ belastet, bei denen es hier eine klare Unterscheidung in der Wertigkeit von Rassehunden und Mischlingen gibt. Fast jede einzelne Rasse ist jedoch ursprünglich genau durch solche Kreuzungen entstanden.

Kommen wir damit gleich mal zu meinen Welpen. Hierbei handelt es sich genau um solche Hybriden. Hört sich krass an, oder? Mein Frauchen praktiziert die Kreuzungen von verschiedenen Retrieverrassen mittlerweile nun seit bereits knapp 15 Jahren. Was damals durch eine völlig ungewollte Verpaarung entstand, ist der Beginn aller heutigen Goldentolling Retriever. Schon diese ersten Goldentolling Welpen erwiesen sich mit ihrer Vitalität und ihren hervorragenden Eigenschaften als unglaublich gute Therapiehunde. So nahm die sogenannte Experimentalzucht auf dem Retrieverhof ihren Platz ein.
Warum setzt mein Frauchen aber nun solch eine großartige Golden Retriever Hündin wie „mich“ mit dazu noch hervorragenden Gesundheitsergebnissen und somit besten Zuchtvoraussetzungen für eine Experimentalzucht mit dem Ergebnissen von Mischlingen ein? Was konkret gibt es denn an mir noch zu verbessern?

Genau hier beginnt eine züchterische Planung und Denkweise. Wie schon erwähnt lebt eine Zucht von der Zuchtwertschätzung. Eine Nachzuchtbeurteilung der Welpen macht erst ca. nach einem Jahr Sinn. Man kann also erst Ende nächsten Jahres feststellen, ob sich meine Welpen tatsächlich so entwickelt haben, wie es geplant war. Fällt diese Beurteilung positiv aus, macht sich Frauchen über die Weiterzucht mit einem Nachkommen aus genau solch einer Verpaarung Gedanken. Nicht unbeachtet darf dabei der Genpol innerhalb der Zucht bleiben und da komme ich nun ins Spiel. Ich habe mit meinen Wurf einen wesentlichen Beitrag zur Erweiterung des Genpoles in der Goldentollingzucht beigetragen, denn ich bin zu allen Hunden in unserer Zuchtstätte total fremd, sprich mit keinem in irgendeiner Weise auch nur weitläufig verwandt. Deshalb viel die Wahl für meinen ersten Wurf auf eine Verpaarung mit einem Toller und somit den Ausbau der Experimentalzucht für auch künftige gesunde und vitale Goldentolling Welpen.

Ob und wie die Planung für meinen nächsten Wurf aussieht, kann bisher noch keiner genau sagen. Das entscheidet Frauchen zu gegebener Zeit und nach gewissenhafter Beurteilung meiner Nachkommen. Genau solche Überlegungen mit der Einbeziehung von greifbaren Ergebnissen in die Planung für die Zukunft nennt man dann Zucht. Unwissende nennen genau meinen Fall gerne eher Unzucht. Nicht ganz unrichtig, denn schließlich führt meine Kreuzung statt zur Reinheit genau zur Unreinheit meiner Nachkommen, dass jedoch tatsächlich gewollt.

Für uns ist Unzucht dann doch aber eher die ebenfalls bereits praktizierte willkürliche Kreuzung von verschiedenen Rassen mit dem nur einen Grund, weil es schlicht und einfach an passenden Deckpartnern fehlt. Hiervon allein verbessert man keine Zucht und rettet auch keine Rassen. Das Ganze dann noch mit vielen netten und scheinbar wissenschaftlichen Worten verpackt, beeindruckt natürlich auch so manchen unwissende Hundeinteressenten oder holt unerfahrene Züchter in das Boot, die statt tatsächlich etwas für die Verbesserung der Zucht zu tun, plötzlich die Welt retten möchten.

Nun gut, das wird nun dann doch ein bisschen zu wissenschaftlich und theoretisch.
Einen Fakt nur noch zur Information.
Gesunde Nachkommen bedürfen einfach gesunder Elterntieren. Da beißt die Maus nun mal keinen Faden ab. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob die Eltern gleicher oder völlig verschiedener Rassen abstammen. Alle nicht ganz perfekten Tiere generell aus der Zucht auszuschließen ist jedoch auch keine Lösung für die Verbesserung oder auch den Erhalt mancher Rassen. Man kann durch solchen Hybridwurf u.a. rezessiv vererbbare Gene aufzeigen und kann mit diesen Erkenntnissen dann die Gesundheit einer Rasse wieder stabilisieren.
Hier bleibt es jedoch immer bei einem, man kann. Das ist kein Muss. Kein noch so kluger Mensch weiß im Vorfeld, welches Gen genau das Elterntier dem einzelnen Nachkommen vererbt.
Demzufolge bleibt Zucht in jeden Falle, dass was mein Frauchen immer sagt:
Versuch und auch Irrtum.
Bei einem Irrtum muss sich bloß jeder Züchter selbst zugestehen, dass etwas nicht wirklich passt und seine Konsequenzen für eine gesunde Weiterzucht daraus ziehen.

So Leute, das war heute mal echt ein weit ausgeholter Einblick in die guten Vorsätze meines Frauchens für das kommende Jahr. In zwei Wochen ist es schließlich schon da. Ihr solltet alle also schon mal beginnen, wieder klare neue Ziele zu setzen. Ich denke das ist ganz wichtig für euch Menschen und euer Wohlergehen. Denkt dabei bitte vorrangig auch an euch selbst und eure Zufriedenheit. Das sage ich natürlich nicht uneigennützig. Geht’s euch Menschen gut, geht’s natürlich auch uns Vierbeinern gut.
In diesem Sinne wünsche ich euch einen schönen Tag.

Bis morgen dann,
eure Rapunzel