Rapunzels Adventskalender 2019

11. Dezember

Spieglein, Spieglein an der Wand…

Keine Panik, wir machen jetzt hier keine Märchenstunde und auch keinen Wettbewerb a la „Germanys Next Topmodel“…oder wie das heißt.  Diesen Wettstreit gewinnt wohl jeder Hund irgendwie sowieso, zumindest bei seinen Besitzern. Ansonsten gilt natürlich…

Ich bin die Schönste im ganzen Land…(grins)

Ja, ich weiß schon Hochmut kommt vor dem Fall. Mein Frauchen sagt auch immer, ich soll meine Nase nicht so hochtragen. Aber genau das macht mich doch aus. Ich wäre doch nicht Rapunzel, wenn ich nicht meine herrliche schwarze Stupsnase stolz erhoben durch die Gegend tragen würde.

Das Thema ist ein anderes. Es geht um den Spiegel, den wir Hunde euch Menschen tatsächlich immer wieder mal vor die Nase halten. Wenn ihr genau hinseht, spiegeln wir euch permanent euer Wesen, eure Gedanken, eure Gefühle.

Das kommt nun nicht daher, dass wir überirdische Kräfte haben. Nein.
Wir beobachten euch einfach 24 Stunden, leben mit euch Tag ein, Tag aus zusammen und kennen dadurch auch irgendwann genau eure Emotionen. Oftmals wissen wir dadurch auch gewisse Handlungsabläufe bereits im Vorfeld.

Wer von euch kennt es nicht. Ihr zieht euch die Turnschuhe an, mit denen ihr immer mit uns den Spaziergang macht. Es dauert Sekunden und wir sitzen dafür völlig unaufgefordert neben euch, damit ihr uns das Halsband anlegen könnt und wir losmarschieren.

Wenn ihr an der gleiche Stelle eure Schuhe anzieht, mit denen ihr jeden Tag zur Arbeit geht, währenddessen wir zu Hause ohne euch unser Schläfchen halten, machen wir lieber schon mal die Kissen warm und liegen bereits in unserem Körbchen. Wir wissen irgendwann ganz genau, eure Aktivitäten finden jetzt ohne uns statt. Aufregung, Vorfreude oder Aktionen lohnen sich nicht.

Ich will euch damit sagen, wenn ihr mal morgens rasch ohne Kaffee zur Arbeit müsst und eure Fellnase dann bereits erwartungsvoll und aufgeregt neben euch sitzt, habt ihr die falschen Schuhe am Wickel. Genau das spiegeln wir euch dann. 😉

Wir sehen diese Spiegel hier ganz oft in unserer Hundepension.
Ein Hund kommt z.B. nicht von Natur aus aufgeregt zu uns, weil für ihn jetzt alles neu ist oder in unseren Ausläufen gerade Hunde bellen. Der Hund ist aufgeregt, weil seine Besitzer aufgeregt sind.

Ach, komm Mäxchen, das ist hier gar nicht schlimm. Schau nur, hier sind ganz viele Hunde.
Mit denen kannst Du hier wunderbar spielen.

Solche begleitenden Worte beim Betreten unserer Hundepension sind keinesfalls beruhigend für den Hund. Sie signalisieren ihm höchstens noch ihre eigene Aufgeregtheit. Meistens wollt ihr Menschen euch damit auch nur bei euch selbst aus irgendwelchen Gründen entschuldigen, weil ihr euren Hund jetzt hier abgebt. Ganz ehrlich, eine Hundepension ist nicht die Hölle für einen Hund. Bei uns zumindest haben es bisher alle überlebt und viele auch richtig Spaß dabei.

Was aber tun, wenn man in dem Moment nun doch mal selbst aufgeregt ist, indem man seinen Hund bei uns abgibt???

Also…Erstmal für sich gaaanz tief durchatmen. Das kennt ihr Menschen sicherlich auch von eurer eigenen Beruhigung. Suggeriert euch selbst ohne Worte, alles okay. Mäxchen ist jetzt hier ein paar Tage und dann haben wir wieder gemeinsam Spaß.
Lernt einfach mal wie z.B. beim Yoga ganz bewusst tief ein und auszuatmen. Das kann man sich tatsächlich antrainieren. Damit verändert sich deine Körpersprache automatisch. Sie strahlt urplötzlich Ruhe aus. Diese Ruhe spiegelt sich dann auch in deinem Hund wider. Probiert es einfach mal aus.

Eine weitere Möglichkeit zur Beruhigung deines plötzlich mal durchgeknallten hippeligen Hundes ist Zeitlupe. Auch hier sind Worte völlig unangebracht. Laufe einfach mal gaaanz ganz langsam, in einem absolutem Schneckentempo aber aufrecht und selbstbewusst mit deinem Hund ein kleines Stückchen. Beachte seine Aktivitäten dabei einfach mal nicht, sondern führe deine Fortbewegungen in deine gewählte Richtung in Zeitlupe aus. Du wirst sehen, diese Ruhe überträgt sich ziemlich schnell auch auf deinen Hund und er kommt selbst aus seiner Aufgeregtheit und läuft ruhig mit dir mit.

Ein weiterer aber mal ganz anderer Spiegel zeigt sich manchmal auch beim Abholen der Hunde. Die Besitzer kommen und freuen sich riesig auf ein Wiedersehen mit ihrer Fellnase. Diese rennen auch auf ihre Besitzer zu, stupsen sie kurz mal an, signalisieren somit das Bemerken eurer Ankunft hier und rennen aber sofort wieder los. Das nun folgende Abrufen des Hundes zum Anleinen und nach Hause fahren ist jedoch völlig erfolglos.

Frauchen macht sich ganz klein und bettelt fast auf dem Boden liegend, vielleicht sogar noch mit Leckerchen in der Hand. Nun komm doch, wir wollen wieder nach Hause…aber will Hund das auch?
Oder Herrchen ruft energisch und durchsetzungswillig „Hiiiier“, nur der Kumpel auf vier Pfoten hat gerade keinen Bedarf daran. Oft zeigt Herrchen dann, dass der Ton auch noch mehr anzuheben geht, allerdings auch erfolglos.

Was sehen wir hier im Spiegel?

Der Hund ist es gewöhnt, dass die Aufmerksamkeit des Menschen auf ihn immer größer ist als umgedreht. Hier liegt im wahrsten Sinne des Wortes meistens der Hund begraben. Übt mit eurem Hund einfach mal vorerst an der langen Leine unterwegs zu sein und ihn dabei mal nicht zu reglementieren. Beobachtet ihn einfach aus dem Augenwickel und ruft ihn nicht ständig ab oder erzählt ihm, dass er euch jetzt mal in eure Richtung folgen soll. Geht einfach aufrecht euren Weg. Wenn die Leine irgendwann straff wird, lauft ihr einfach gaaanz langsam in eure Richtung weiter und zieht somit den Hund einfach hinter euch her. Wenn ihr dabei ein souveränes Auftreten habt, wird er sich nicht lange ziehen lassen, versprochen. Solch ein Ziehen mögen wir Hunde tatsächlich auch nicht.

Schon nach ein paar Metern laufen wir so doch in eure Richtung und vertrauen euch plötzlich als richtigen Rudelführer so wie du jetzt auftrittst, dass du den richtigen Weg gewählt hast. Glaubt ihr nicht, probiert es aus.

Wenn ihr euren Hunden permanent Aufmerksamkeit schenkt und stehts auf der Hut seid, dass ihm auch ja nichts passiert, braucht sich schließlich kein Hund mehr um euch kümmern. Diese Aufmerksamkeit ist jedoch erforderlich, wenn ihr eure Hunde führen wollt und eine klare Führung tut uns Hunden als Rudeltiere gut. Wir passen uns gerne an und lassen uns gerne führen, wenn wir denn vertrauen können.

So Leute genug gelabert für heute. Schaut einfach mal, was eure Hunde euch so spiegeln. Wenn ihr dazu Fragen habt, steht euch mein Frauchen sicherlich gerne mal für ein bisschen Nachhilfe zur Verfügung. Es sind für das neue Jahr sogar noch ein paar freie Termine für die Hundeschule zu ergattern. Wenn sie mit anderen Unterricht macht, bin ich wenigstens zeitweise aus der Schusslinie.

Bis dahin muss ich ihr natürlich auch immer mal den Spiegel vor die Nase halten. Auch meine Frauchen ist schließlich nicht perfekt und lernt jeden Tag dazu. Ich habe also voll zu tun. Deshalb…

bis morgen dann,
eure Rapunzel